Token-Entwickler bedienen sich an geistigem Eigentum anderer Entwickler
Gemeinsam mit Forschern der Xi’an Jiaotong University erstellte die chinesische Firma Netta Lab eine Studie, welche hervorbringt, dass die meisten Entwickler von Altcoins bzw. Token mindestens 90 Prozent ihres Quellcodes von der Konkurrenz abgeschaut haben. Für Branchenkenner ist dies wohl keine Neuheit, externe Beobachter könnten hierauf jedoch mit Unverständnis reagieren. Im Grunde haben die Programmierer der meisten Krypto-Projekte nichts Weiteres bei der Erschaffung ihres Token getan, als das geistige Eigentum anderer zu kopieren.
Doch Open Source-Software eröffnet genau diese Möglichkeit – diese ist nämlich quelloffen. Die geistige Arbeit wird offiziell der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Dies hat zum Zweck, dass im Laufe der Zeit ein besseres Endergebnis erzielt wird. In diesem Sinne sollte es kaum überraschen, dass sich die Urheber vieler Tokens nicht gerade sparsam beim Wettbewerb bedient haben. Der Community wird durch die Verwendung Open-Source-Protokolle Offenheit gegenüber gebracht, welche als Einladung zu verstehen ist, gemeinsam an einer besseren und sicheren Software zu arbeiten. Auch Bitcoin nutzt ein solches Open-Source-Protokoll, was wohl auch den Erfolg der Kryptowährung erklärt. Auch der Erfolg des Browsers Firefox, der Software Apache Open Office, der Linux-Distribution Debian und vieler weiterer lassen sich durch das Open Source-Prinzip begründen.
Bei vier von fünf Token handelt es sich um reine Kopien
Im Rahmen der Studie analysierten die Forscher der Xi‘an Jiaotong University und von Netta Lab den Quellcode von 488 Token. Man fand heraus, dass in 405 Fällen mindestens 90 Prozent des Codes „gestohlen“ war. Folglich sind vier von fünf Token reine Kopien. Bei 324 Projekten wurden sogar 95- bis 100-prozentige Übereinstimmungen des Codes entdeckt. Lediglich 38 Fälle hatten Überschneidungen von weniger als 80 Prozent des Quellcodes. Dies macht einen Anteil von rund 7,8 Prozent aus. Dabei wurde keiner dieser Coins von den Entwicklern als ein Original angepriesen, was auf Überraschung seitens der Forscher traf.
Kritiker sehen jedoch Probleme darin, dass nur so wenige Krypto-Projekte auf einem einzigartigen Code basieren oder eine andere innovative Eigenschaft besitzen. Man kann zurecht behaupten, dass viele Entwickler nur zum Ziel hatten, möglichst viel Umsatz zu generieren. Doch wenn die ahnungslosen Anleger irgendwann um ihr Erspartes gebracht worden sind und der Ruf der Krypto-Branche erst richtig im Eimer ist, wird man sich den Risiken des Kopierens bewusst werden. Doch dann ist es bereits zu spät. Folglich sollte die aktuelle Studie als Warnhinweis und Aufruf an die Krypto-Community gesehen werden, ihre Sache ernst zu nehmen.
Auch ICO-Projekte werden gerne kopiert
Doch auch wenn es um ICOs geht, die Crowdfunding-Projekte der Coin- und Plattform-Entwickler, ist äußerste Vorsicht geboten. Anleger sollten sich vor einem Investment stets genauestens über das Projekt und seinen Rahmen informieren. Es ist keine Seltenheit, dass ICOs als Abzocke konzipiert werden. Unter anderem sollte man sich nicht nur mit den technischen Details eines Projekts auseinandersetzen, sondern auch das Team und die Berater des ICOs genauer betrachten.
Auch das Whitepaper sollte in Augenschein genommen und auf Plagiate untersucht werden – viele Betrüger kopieren große Teile von Dokumenten anderer Projekte. Des Weiteren sollte man bei einer überambitionierten oder unrealistischen Roadmap an der Seriosität des Projekts zweifeln. Wenn Investoren riesige Gewinne innerhalb kurzer Zeit versprochen werden, sollten die Alarmglocken läuten. Zudem sollte man sich ansehen, ob das Projekt bereits eine aktive Community hat (Twitter etc.). Geht das Team transparent und offen auf Fragen von Interessenten und Investoren ein, ist dies ein gutes Zeichen.