Blockchain ersetzt Spotify und Co.
Die Blockchain wird in Zukunft in so manchen Bereichen für große Veränderungen sorgen. Die Musikbranche ist einer davon: Wo man früher noch in die Oper oder auf Konzerte gehen, sich Schallplatten oder CDs kaufen musste, um Musik zu genießen, liegen heute Download-Plattformen wie iTunes im Trend. Die physikalischen Tonträger werden von Streaming-Diensten wie Deezer oder Spotify ersetzt. Und an dieser Entwicklung wird sich so schnell auch nichts ändern.
Dennoch: Es zeichnet sich bereits die nächste Umwälzung ab, welche durch die Blockchain-Technologie bedingt ist. Noch steckt die Technologie in ihrer Entwicklung, hat aber großes Potenzial, die traditionelle Struktur der Musikindustrie grundlegend zu verändern. Die Blockchain ist eine Art dezentrale Datenbank, die der Struktur einer Kette ähnelt. Dieser Kette werden andauernd neue Blöcke hinzugefügt, sobald die vorherigen Ketten vollständig sind. Der bislang bekannteste Anwendungsfall der Blockchain ist die Kryptowährung Bitcoin.
Man bezahlt nur für die Musik, die man sich tatsächlich anhört
Für die Musikindustrie kann die Blockchain eine bedeutende Rolle einnehmen: Kunden der Streamingdienste überweisen meist eine monatliche Gebühr für ihr Abonnement. Die Blockchain-Technologie kann vollautomatische Zahlungen ermöglichen, die zudem sehr günstig sind. Kunden brauchen dann nur noch für die Musik zu bezahlen, die sie tatsächlich anhören. Plattformen wie Spotify hätten dann ausgedient.
Es gibt bereits ein Start-up, dass an einem solchen Projekt arbeitet: Peertracks zahlt die Musiker nach jedem Abspielvorgang eines Songs direkt aus. Dies funktioniert über Smart Contracts. So erhalten die Künstler ganz ohne Zeitverzögerung ihr Geld. Ein komplexes Abrechnungsmodell mit vielen Zwischenschritten wird dadurch nicht benötigt. So bleibt den Künstlern mehr und gelangt nicht in die Hände der Zwischeninstanzen. Vor allem Start-ups machen sich die Effizienz der Blockchain-Technologie zu Nutzen. Indem Ujo Music zu jedem einzelnen Titel sämtliche Informationen zu Autoren, den Produzenten, sowie den instrumentalen Versionen aufführt, sollen die Einnahmen der Branche gerechter verteilt werden.
Musiker werden direkt mit den Agenturen zusammengebracht
Viberate ist ein anderes Start-up, das Live-Auftritte dezentraler organisieren möchte. Auf der Plattform wird ein Marktplatz angeboten, der Musiker mit Veranstaltern und Agenturen zusammenbringt. Alle Parteien handeln direkt über die Plattform – sämtliche vermittelnde Zwischeninstanzen werden eliminiert. Mehr als 2000 Eventveranstalter haben die Möglichkeit, über 300.000 Musiker weltweit zu bewerten, auszuwählen oder direkt zu buchen.
Jungen Bands bietet sich außerdem die Möglichkeit, über ICOs (Initial Coin Offerings), einer Art Börsengang, Kapital zu besorgen. Indem man eine Kryptowährung an die Anleger verkauft, lässt sich beispielsweise das Einspielen eines neuen Albums finanzieren.
Eine Datenbank der gesamten weltweiten Musikbranche
Mit der Blockchain könnte man womöglich auch eine Datenbank der gesamten weltweiten Musikbranche entstehen lassen. Mit einer solchen Datenbank könnten sämtliche Informationen gespeichert und die Abrechnung automatisiert werden. Die Blockchain würde hier einen besonderen Vorteil bringen: Daten könnten ständig aktualisiert werden. Wenn als ein Urheber den Verlag wechseln sollte, wird die Information eingetragen und dann in den Metadaten bei allen anderen Teilnehmern angeglichen. Und zwar völlig automatisch. Einnahmen können so schneller und einfacher dem Berechtigten zugeordnet werden.
Die großen Musikkonzerne, die bisher die weltweiten Rechte vermarkten, könnten hiervon profitieren. Denn wenn man beispielsweise eine Compilation erstellen will, ist es mit großem Aufwand verbunden, herauszufinden, von wem die Erlaubnis eingeholt werden muss und wer wie an den Einnahmen zu beteiligen ist. Eine globale Rechendatenbank würde große Erleichterung bedeuten. Um solch eine Datenbank zu realisieren, müssten jedoch alle Konzerne zusammenarbeiten, da dies mit einem enormen Aufwand verbunden wäre. Ob ein solch komplexes Projekt in absehbarer Zukunft tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.
Die Blockchain würde es außerdem ermöglichen, Tätigkeiten von Verwertungsgesellschaften wie der Gema, simpler abzubilden: Wie zum Beispiel die Registrierung von Abspielzeiten und die anschließende Auszahlung. Zudem ist zu erwarten, dass Ticketverkäufer Anteile an Start-ups, die den direkten Verkauf von Veranstaltungstickets, verlieren werden.
Die Musikindustrie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen…
Doch noch steht die Blockchain-Technologie, bzw. ihre Anwendung, vor einigen Herausforderungen. Eine davon ist die Nutzung der Angebote. Denn Kunden benötigen bestimmte Browser und Add-ons, um mit Digitalwährungen zu bezahlen. Um Kryptowährungen zu bezahlen, sind andere Bezahlvorgänge nötig, als bei einer herkömmlichen Banküberweisung. Herkömmliche Geschäftsmodelle ermöglichen den Kunden einfachere Käufe.
Vermutlich ist dies auch der Grund dafür, dass die Musikbranche sich nicht großartig von den aktuellen Entwicklungen beunruhigen lässt. Denn in kurzer Zeit wird die Blockchain-Technologie keine großen Auswirkungen auf die Musikindustrie haben. Doch langfristig gesehen kann die Technologie durchaus einen Teil der brancheninternen Technologie-Infrastruktur ausmachen.
Noch lässt sich nicht voraussagen, wie schnell sich die Blockchain durchsetzen wird. Dass sich die Umsätze mit physischen Tonträgern in den nächsten vier Jahren halbieren werden, ist jedoch sicher. Es ist zu erwarten, dass sich die Einnahmen aus Streaming und Downloads steigen werden.