ICO-Studie: Vertrauen alleine reicht nicht
Start-ups haben in ICOs (Initial Coin Offerings) einen lukrativen Weg zur Kapitalbeschaffung gefunden. ICOs sind an IPOs (Initial Public Offerings) angelehnt, also den klassischen Börsengängen von Firmen. Jedoch erwerben Anleger bei einem ICO keine Aktien von einem Unternehmen, sondern einen Token, welcher eine Art Gutschein für eine künftig angebotene Dienstleistung darstellt. Experten warnen vor Geldeinlagen in ICOs, da die Betrugsquote recht hoch ist, was daran liegt, dass es keine spezifische Regulierung für ICO- oder Krypto-Token gibt.
Im Rahmen einer Studie mit dem Titel „Coin Operated Capitalism“ fanden vier Forscher der University of Pennsylvania heraus, dass vieles, das die größten ICOs des Jahres 2017 in ihrem White Paper versprochen haben, nicht in ihrem Code umgesetzt wurde. Dies stellt ein ernsthaftes Problem dar – vor allem für Investoren.
Großangelegte ICO-Analyse bestätigt Mangel an Regulierung
Der Bericht erstreckt sich über 104 Seiten und stellt sich selbst als die erste detaillierte Analyse der inneren Funktionsweise der Initial Coin Offerings dar. Die Ergebnisse zeigen, dass viele ICOs nicht ganz stimmig mit ihrem Konzept sind. In einer Analyse wurden die White Papers und andere Dokumente der 50 finanziell erfolgreichsten ICOs des Jahres 2017 untersucht. Auch der Code wurde untersucht. Die Forscher erläutern im Bericht, dass es im aktuellen ICO-Markt aktuell an Regulierung und Vertrauen mangelt.
Insbesondere ist das Vertrauen ein grundlegender Baustein von ICOs, wie auch bei Bitcoin. Die Menschen Vertrauen in die Technologie und nicht in eine Institution. Jedoch sind die Forscher überzeugt, dass das bloße Vertrauen in die Technologie nicht ausreicht. Sie fanden nämlich heraus, dass viele ICOs ihre Versprechen nicht einhielten und der Code nicht den Plänen aus dem White Paper entspricht. Vielen Investoren mangelt es aber am Können, die Versprechen zu überprüfen.
Das Problem und das Potenzial der „Dezentralisierung“
Die Dezentralisierung ist der grundlegende Kern des Ökosystems der Krypto-Welt und so gut wie jeder ICO greift dieses Stichwort in seinem White Paper auf. Doch auch hier stießen die Forscher auf Widersprüchlichkeiten zwischen dem White Paper, dem Code und den Plattformen. Indem viele ICOs nicht öffentlich zugänglichen Code in den Plattformen hinterließen, hatten sie zu jeder Zeit die Kontrolle über die „dezentralen“ Plattformen.
Doch der ICO-Markt und die Blockchain-Technologie haben großes Potential noch weiter zu wachsen. Dafür sprechen auch die Zahlen. Bis zum Juli 2018 konnten 430 ICOs rund 14 Milliarden US-Dollar einsammeln, wie die Forscher der Studie festgestellt haben. Sie glauben, dass Fragen nach der Dezentralisierung, dem Vertrauen in die Technik und die zusammenhängende Regulierung geklärt werden.
Obwohl der ICO-Markt derzeit noch einer Investmentblase und einem illegalen Markt gleicht, glauben sie, dass sich die Projekte, die über die richtige Technologie verfügen, sich durchsetzen werden. Der Einsatz von Smart Contracts verspricht innovative Möglichkeiten. Es komme nun lediglich darauf an, wie ein regulatorischer Rahmen geschaffen werden kann, sodass der Markt sein Potenzial entfalten und wachsen kann.