Warum können digitale Währungen das Geld nicht ersetzen?
Kryptowährungen haben momentan nicht das Potenzial, Geld zu ersetzen. Denn derzeit sprechen hohe Kosten und Risiken gegen einen von der Masse adaptierten Zahlungsverkehr durch virtuelle Währungen. Aus einer aktuellen Analyse geht hervor, dass aber eine digitale Zentralbankwährung dem Geld- und Kreditsystem positive Effekte bringen könnte.
In einem Artikel, der unter dem Titel „Kryptowährungen im Wettbewerb zu staatlichen Währungen und Gold“ veröffentlicht wurde, geht hervor, dass der digitale Ursprung einer Kryptowährung dieser Eigenschaften verleiht, welche für Geld besonders wünschenswert sind. Theoretisch könne man die Einheit einer virtuellen Währung unendlich teilen, wodurch diese im Prinzip als Recheneinheit geeignet ist. Dadurch, dass das Angebot einer virtuellen Währung in der Regel künstlich verknappt ist, steigt der Wert einer Einheit kontinuierlich an – insofern die Nachfrage nach der Kryptowährung nicht sinkt.
Skeptik gegenüber einem umfassenden digitalen Währungssystem
Die Autoren der Analyse sind betonen, dass die formalen Kriterien von Kryptowährungen im Grunde alle Anforderungen an die Geldfunktionen erfüllen: Anders als Gold müssen virtuelle Währungen nicht physisch gelagert werden und sind überall auf der Welt zwischen Personen übertragbar, insofern eine Internetverbindung vorhanden ist.
Doch es gibt auch Stimmen, die Gegenargumente äußern. Fachleute des Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) sind eher skeptisch gegenüber einem umfassenden digitalen Währungssystem. Denn werden virtuelle Währungen verstärkt eingesetzt, ist auch eine zunehmende Nutzung energieintensiver Rechenoperationen nötig, welche unter anderem dazu führen, dass Transaktion mehr Zeit bedürfen. Salomon Fiedler, IfW-Experte für Geldpolitik und einer der Autoren der Analyse „Virtual Currencies“ äußert, dass folglich über Bitcoin und Co. nicht annähernd die Geschwindigkeit und das Volumen des internationalen Zahlungsverkehrs abgebildet werden kann.
Die IfW-Analysten unterscheiden zwischen Digitalwährungen im Allgemeinen und gehandelten Kryptowährungen. Bei Bitcoin und Co. werden Transaktionen abgewickelt, indem kryptografische Technologien zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund werden keine Zwischeninstanzen benötigt, die sich durch ihren zentralen und vertrauenswürdigen Charakter auszeichnen, was wiederum der Grund dafür ist, dass Kryptowährungen in ihrer heutigen Form nicht massentauglich sind.
Starke Kursschwankungen sind ein weiterer Grund
Auch die starke Volatilität von digitalen Währungen spricht gegen eine Massenadaption. Derzeit werden Kryptowährungen vor allem aus spekulativen Gründen gekauft und lassen sich nicht auf einen fundamentalen Gegenwert zurückführen. Starke Kursschwankungen entstehen bereits durch kleinere Verkäufe der Investoren, da vergleichsweise ein geringes Handelsvolumen besteht und nur eine kleine Anzahl an Akteuren aktiv ist. Deshalb ist ein klassisches Risikomanagement nur schwer umzusetzen.
Hinzu kommt, dass es noch keine offizielle Regulierung für Kryptowährungen gibt. Man arbeitet derzeit noch an der Formulierung angemessener Regeln, doch noch gibt es keine brauchbaren Resultate, was damit zusammenhängt, dass virtuelle Währungen sowohl als Wertgegenstand als auch als Währung genutzt werden. Eine Regulierung muss sich folglich zum Teil widersprüchlichen Anforderungen stellen. In Vergangenheit wurde beobachtet, dass etwa durch Scheinoders oder Handelsbots die Preisbildung auf Krypto-Börsen manipuliert wurde.
Das Vertrauen in staatliche Währungen ist weitaus höher
Ein weiteres Argument ist das fehlende Vertrauen in Kryptogeld im Vergleich zum Vertrauen in staatliche Währungen. Damit virtuelle Währungen ein echtes Zahlungsmittel werden, ist das Vertrauen der Menschen und Akteure am Markt in ihr Geld ein wichtiger Faktor, neben der Einführung der Zentralbanken. Vertrauen ist die Grundlage einer jeden Kooperation und ein Kernelement eines jeden funktionierenden Währungssystems.
Das Ifw Kiel ist davon überzeugt, dass eine digitale Zentralbankwährung bessere Chancen hat, mehr Stabilität im Finanzsystem einzuräumen und zur Disziplinierung von Geschäftsbanken sorgen kann. Wenn eine digitale Zentralbankwährung in ihrer Funktion Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel gleichgestellt wäre, könnte dies klappen. Geschäftsbanken würden dadurch ihr Recht verlieren, als einzige Institutionen finanzielle Mittel für private Haushalte in Form von Tagesgeld oder auf einem Girokonto aufzubewahren.
Geschäftsbanken wären so in ihren Möglichkeiten, Geld zu schöpfen, eingeschränkt. Sie müssten entweder ihre Konditionen oder Zinsen für Anleger verbessern, wenn sie ihre Bilanzsummen aufrechterhalten wollen. Die Zentralbank müsste eine stärkere Kontrollfunktion über die im Umlauf befindliche Geldmenge einnehmen, wodurch das Finanzsystem mehr Stabilität gewinnen würde.